Die folgenden Ausführungen sind eine schriftliche Zusammenfassung der im Video dargestellten Inhalte.

Was heißt es, die 1–1 Aufgaben sicher zu beherrschen?

Zu den Aufgaben des kleinen Einsminuseins gehören alle Umkehraufgaben des kleinen Einspluseins. Unter Umkehraufgaben werden die Aufgaben verstanden, die den Zusammenhang zwischen Addition und Subtraktion nutzen. Beispielsweise ist die Umkehraufgabe der Aufgabe 11–9=2 die Aufgabe 9+2=11. Umkehraufgaben setzen sich somit aus den gleichen Zahlentrippeln zusammen – in diesem Fall 2, 9 und 11 – die Positionen sind jedoch je nach Rechenoperation unterschiedlich. So rückt das Ergebnis der Additionsaufgabe an die erste Position der Subtraktionsaufgabe (Minuend). Der erste Summand der Additionsaufgabe wird zum Subtrahenden und der zweite Summand rückt an die Stelle des Ergebnisses der Subtraktionsaufgabe.

Das kleine Einspluseins setzt sich aus allen Aufgaben zusammen, deren beide Summanden einen Wert zwischen 0 und 10 annehmen und deren Ergebnis demnach kleiner oder gleich 20 ist. Das kleine Einsminuseins besteht aus den Umkehraufgaben und somit ist der Minuend immer kleiner oder gleich 20 und der Subtrahend und das Ergebnis haben immer einen Wert zwischen 0 und 10. Eine Aufgabe wie 16–4=12 würde also nicht zum kleinen Einsminuseins zählen, da das Ergebnis größer als 10 ist.

Die Aufgaben des kleinen Einsminuseins lassen sich in einer sogenannten Einsminuseins-Tafel sortiert anordnen. Im Verlauf der ersten Grundschuljahre sollten die Aufgaben mit ihren Ergebnissen auswendig abgerufen werden können. Dafür sollen die Kinder diese aber nicht als „Einzelfakten“ pauken, sondern sie sich durch das Nutzen von Beziehungen zwischen den Aufgaben erschließen und so die Einsminuseins-Aufgaben und ihre Ergebnisse nachhaltig verfügbar haben (Selter & Zannetin, 2018, S. 63 f.).

Bei Betrachtung der Aufgaben des kleinen Einsminuseins wird deutlich, dass sich diese in ihrem Schwierigkeitsgrad unterscheiden. Denn es gibt einprägsamere und weniger einprägsame Aufgaben. Die einprägsameren Aufgaben werden auch als Kernaufgaben bezeichnet. Zu ihnen gehören beispielsweise Aufgaben mit dem Subtrahenden 0, 1 oder 10 oder mit dem Ergebnis 0, 1 oder 10 (hellblau). Auch Aufgaben mit der 10 als Minuend (rot) gehören zu den Kernaufgaben. Bei ihnen handelt es sich um Aufgaben zur Zerlegung der 10, die den Kindern häufig früh geläufig sind. Aufgaben mit dem Subtrahenden 5 oder mit dem Ergebnis 5 (grün) zählen ebenso wie Halbierungsaufgaben (dunkelblau) zu den einprägsameren Aufgaben.

Darstellung der Einsminuseinstafel, wobei die Kernaufgabenfamilien mit verschiedenen Farben markiert sind. Hellblau: Aufgaben mit dem Subtrahend oder dem Ergebnis 0, 1 oder 10. Grün: Aufgaben mit dem Subtrahend oder dem Ergebnis 5. Dunkelblau: Halbierungsaufgaben. Rot: Aufgaben mit dem Minuenden 10.

Die Kernaufgaben des kleinen Einsminuseins sind jedoch nicht alle und nicht für jedes Kind gleich einprägsam. So zeigen sich insbesondere bei Aufgaben mit der 5 und dem Ergebnis 5 sowie bei Halbierungsaufgaben die Besonderheiten der jeweiligen Kernaufgabenfamilie, wenn sie mithilfe von Material, z. B. Plättchen am Zwanzigerfeld, dargestellt werden. Die Darstellung am Material sowie das Wissen über die Besonderheiten der Kernaufgabenfamilie können die Kinder für das Verinnerlichen, das spätere Abrufen der Kernaufgaben und das Vernetzen mit Nicht-Kernaufgaben nutzen.

Ausschnitt 1: „5 als Differenz“. Darüber 4 Zwanzigerfelder, in denen die Aufgaben „5 minus 0“, „6 minus 1“, „7 minus 2“ und „8 minus 3“ mit roten Plättchen dargestellt wurden. Ausschnitt 2: „Halbierungsaufgaben“. Darüber 4 Zwanzigerfelder, in denen die Aufgaben „8 minus 4“, „10 minus 5“, „12 minus 6“ und „18 minus 9“ mit roten Plättchen dargestellt wurden. Ausschnitt 3: „Zerlegung der 10“. Darüber 4 Zwanzigerfelder, in denen die Aufgaben „10 minus 1“, „10 minus 2“, „10 minus 3“ und „10 minus 4“ mit roten Plättchen dargestellt wurden.

Ausgehend von den Kernaufgaben können die Kinder sich die lediglich 36 verbleibenden Nicht-Kernaufgaben (in der Einsminuseins-Tafel weiß dargestellt) durch die Ausnutzung der folgenden Strategien ableiten (Götze, Selter & Zannetin, 2019, S. 67 f.). Bei der Erarbeitung der verschiedenen Ableitungsstrategien sind das Arbeiten mit Material und das Versprachlichen der Materialhandlungen zentral (Götze, Selter & Zannetin, 2019, S. 67).

Ausschnitt 1: „Umkehraufgaben“. Darüber ein Ausschnitt aus der Einsminuseins Tafel. Dabei wurden die Aufgaben „7 minus 4“ und „7 minus 3“ markiert und verbunden. Ausschnitt 2: „Nachbaraufgaben“. Darüber ein Ausschnitt aus der Einsminuseins Tafel bei dem die Aufgaben „6 minus 4, 7 minus 4, 8 minus 4, 7 minus 3, 7 minus 5“ markiert wurden, die nebeneinander liegen. Ausschnitt 3: „Partneraufgaben“. Darüber ein Ausschnitt aus der Einsminuseinstafel, in dem die Aufgaben „8 minus 5, 7 minus 4, 6 minus 3“ markiert und verbunden wurden.

Jede der 36 verbleibenden Aufgaben liegt in der Tafel direkt neben einer Kernaufgabe. Bei der Nutzung sogenannter Nachbaraufgaben wird entweder der Minuend oder der Subtrahend um 1 erhöht oder vermindert. Das Ergebnis der Nachbaraufgabe ist immer um 1 größer oder kleiner als das der Ausgangsaufgabe.

Partneraufgaben können als eine weitere Hilfsaufgabe bei der Lösung von Nicht-Kernaufgaben dienen. Bei Partneraufgaben werden Minuend und Subtrahend in die gleiche Richtung verändert. Das Ergebnis bleibt dadurch gleich.

Kennt das Kind zu einer Nicht-Kernaufgabe die passende Umkehraufgabe, so kann es den Zusammenhang zwischen Addition und Subtraktion für die Lösung der Aufgabe nutzen. Der Rückgriff auf diese Hilfsaufgabe erfolgt vor allem dann, wenn ein Kind die drei beteiligten Zahlen bereits als festes Zahlentrippel „abgespeichert“ hat.

Warum ist es wichtig, die 1–1 Aufgaben sicher zu beherrschen?

Sowohl beim Kopfrechnen, beim halbschriftlichen als auch beim schriftlichen Rechnen wird auf die Aufgaben des kleinen Einsminuseins zurückgegriffen. Zentral ist somit, dass Kinder diese Grundaufgaben schnell und fehlerfrei abrufen können, um auch in erweiterten Zahlenräumen sicher zu rechnen.

Durch den Rückgriff auf die erarbeiteten Ableitungsstrategien können Kinder sich zudem vom zählenden Rechnen lösen (Gaidoschik, 2010; 2014). Es ist somit wichtig, die Kinder dafür zu sensibilisieren, Strukturen und Beziehungen zwischen den Aufgaben zu erkennen und zu nutzen. Denn auch im erweiterten Zahlenraum sollen sie sich diese Strategien zu Nutze machen, indem sie Analogien in den anderen Zahlenraum übertragen.

Abbildung der Aufgabe „8 minus 5“. Diese überschneidet sich mit 2 Kreisen. In dem einen steht die Aufgabe „800 minus 500“ und in dem anderen „80 minus 50“.

Welche Schwierigkeiten können auftreten?

Kinder benötigen einen „Aufgaben- und Zahlenblick“, der das Erkennen von Beziehungen und Strukturen zwischen Aufgaben ermöglicht. Dieser muss allerdings erst entwickelt werden. Vielen Kindern fällt das nicht leicht, daher muss dies durch gezielte Übungen initiiert werden.

Lernen Kinder die Einsminuseins-Aufgaben ohne das Nutzen von Aufgabenbeziehungen auswendig, so können Schwierigkeiten entstehen. Dazu gehört, dass sie dann Beziehungen zwischen Aufgaben eventuell nicht erkennen und dies in größeren Zahlenräumen zum Rechnen nicht nutzen können. Vergessen die Kinder das Ergebnis einer Aufgabe, so können sie sich dies nicht über das Nutzen von Beziehungen erschließen, sondern neigen zum Verwenden zeitaufwendiger Zählstrategien. Des Weiteren werden fehlerhaft gemerkte Ergebnisse des Öfteren nicht bemerkt, da sie nicht auf einem inhaltlichen Verständnis fußen (Götze, Selter & Zannetin, 2019, S. 64).

Die Voraussetzung zum Erschließen der Einsminuseins-Aufgaben ist das Vorhandensein gesicherter Operationsvorstellungen. Kinder müssen bereits Grundvorstellungen zur Subtraktion aufgebaut haben, sich also ein Bild zu Subtraktionsaufgaben machen können und dabei auch zwischen Darstellungsformen (z. B. der symbolischen Form 8–3 und der Darstellung am Zwanzigerfeld) wechseln können (s. Modul Subtraktion verstehen). 

Mit welchen anderen Themen hängt dieses Modul zusammen?

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